In Luxemburg gibt es für den Begriff „grüner Strom“ keine gesetzlich festgelegte Definition, sondern nur für erneuerbare Energiequellen.
Physikalisch gesehen kommt der Strom, den Sie verbrauchen, immer aus dem (elektrisch) nächsten Kraftwerk (N.B.: das Kraftwerk von Cattenom, obwohl es sich nahe der Grenze befindet, liegt elektrisch gesehen weit vom Stromnetz Luxemburgs entfernt).
Um zu verstehen, wie ein Stromnetz funktioniert, bietet sich ein großer See als Analogie an. Dieser See kann von vielen Quellen gespeist werden und mehrere Entnahmepunkte haben. Ziel ist, den Wasserstand im See immer stabil zu halten, damit der Druck an den Entnahmepunkten immer gleich bleibt. Bei einem Stromnetz ist es die Frequenz des Wechselstroms (50 Hz), die stabil gehalten werden muss. Wenn mehr entnommen als eingespeist wird, sinkt die Frequenz, im gegenteiligen Fall steigt sie.
Beim Beispiel des Sees wäre es so, dass, wenn Sie diesem Wasser entnehmen wollten, einen Vertrag mit einer der Quellen abschließen würden, die den See versorgen. Für den Wasserstand an sich wäre es nämlich völlig unerheblich, ob die Quelle von Ihrer Entnahmestelle weit entfernt ist oder nicht. Der Wasserstand des Sees bleibt gleich, solange die Quelle so viel liefert, wie Sie ihm entnehmen.
Beim Strom ist das ähnlich. Sie schließen einen Vertrag mit einem Erzeuger auf der Basis erneuerbarer Quellen ab, der das Stromnetz mit der Menge Energie versorgt, die Sie verbrauchen. Auch wenn dieser Erzeuger nicht in ihrer Nähe ist, wird das System im Gleichgewicht gehalten (innerhalb der technisch möglichen Grenzen). Vertraglich gesehen verbrauchen Sie also den erneuerbaren Strom, der in das System eingespeist wird.
Um sicherzustellen, dass der Strom, der für Sie in das Stromnetz eingespeist wird, aus erneuerbaren Quellen kommt, wurde ein Zertifikatsystem (Herkunftsnachweise) eingerichtet. Mit diesem System kann der Strom von seiner Erzeugung bis zu seinem Bestimmungsort nachverfolgt werden.
Wenn Sie erneuerbaren Strom von Ihrem Lieferant beziehen, muss dieser entsprechende Herkunftsnachweise bei den jeweiligen Erzeugern erworben und diese nach Luxemburg übertragen haben sowie die Herkunftsnachweise dann für Ihren Verbrauch „annullieren“.
Dieses System der Herkunftsnachweise ist klar geregelt, um Missbrauch zu vermeiden (z. B. doppelte Abrechnung). Für Luxemburg wird dieses System vom ILR überwacht. Das ILR überprüft jedes Jahr, ob die verkauften Mengen erneuerbaren Stroms durch die entsprechende erneuerbare Produktion gedeckt sind. Vom Lieferant erhalten Sie einen Nachweis („Etikett“), aus dem die Quellen des Stroms hervorgehen, mit denen er sie versorgt. Diese Etiketten werden vom ILR überprüft. Anhand dieser Mechanismen kann Ihnen auf der Basis einer jährlichen Erhebung garantiert werden, dass die Strommengen, die Ihr Lieferant Ihnen verkauft, wirklich aus erneuerbaren Quellen stammen.
Die Antwort auf die Frage, ob der grüne Strom, den Sie verbrauchen, wirklich grün ist, hängt damit von Ihren Erwartungen ab. Physikalisch wird er erst dann zu 100 % erneuerbar sein, wenn die gesamte Stromproduktion innerhalb des Verbundnetzes aus erneuerbaren Quellen stammt. Vertraglich gesehen ist er erneuerbar, sofern die von Ihnen verbrauchte Menge aus erneuerbaren Quellen stammt, die sich an einem beliebigen Ort befinden können. Mit Ihrem Vertrag zur Versorgung mit grünem Strom tragen Sie also dazu bei, eine nicht-erneuerbare Produktion durch eine erneuerbare zu ersetzen und damit das gesamte Stromsystem „grüner“ zu machen.
Ein Vertrag zur Versorgung mit Strom aus erneuerbaren Quellen sollte Sie jedoch nicht davon abhalten, selbst erneuerbare Energie zu erzeugen, vor allem mit Hilfe von Solarpaneelen, wenn Ihre Situation dies erlaubt. Indem Sie den erneuerbaren Strom verbrauchen, den Sie selbst erzeugt haben, leisten Sie einen aktiven Beitrag zur Energiewende.